Ist eine Ehescheidung auch vor dem Ablauf des Trennungsjahres möglich?
Grundsätzlich gilt, dass eine Ehescheidung immer nur dann möglich ist, wenn die Ehe gescheitert ist.
Wann eine Ehe gescheitert ist, beurteilt sich danach, ob die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr besteht und auch nicht mehr erwartet werden kann, dass diese wieder hergestellt wird.
Nach Ablauf des Trennungsjahres wird davon ausgegangen, dass dies der Fall ist. Was ist aber, wenn ich dieses Trennungsjahr nicht abwarten kann oder möchte? Gibt es Möglichkeiten die Ehescheidung vorher herbeizuführen?
Gemäß § 1565 Abs. 2 BGB ist eine vorzeitige Scheidung der Ehe, noch vor Ablauf des vorgeschriebenen Trennungsjahres, nur unter bestimmten, engen Bedingungen möglich.
Diese Bedingungen liegen vor, wenn die Fortsetzung der Ehe für einen Ehepartner eine “unzumutbare Härte” darstellen würde und diese Härte auf Gründe zurückzuführen ist, die beim anderen Ehepartner liegen.
Diesen Vorgang bezeichnet man auch als sogenannte „Blitzscheidung“. Hierbei ist auf das „Verheiratet-sein“ und nicht auf das eheliche Zusammenleben abzustellen.
Konkret bedeutet das, dass ein weiteres verheiratet sein mit dem Ehepartner trotz räumlicher Trennung unzumutbar sein muss.
Die Argumente für eine Härtescheidung müssen vor Gericht objektiv dargelegt werden und vom antragstellenden Ehepartner stammen.
Die deutsche Rechtsprechung hat typische Situationen identifiziert, die eine Härtescheidung rechtfertigen, sowie solche, die dafür nicht ausreichen.
Entscheidend sind jedoch stets die Umstände des Einzelfalls. Generell zeichnet sich ein stets restriktiver Umgang mit dem Instrument der Härtefallscheidung ab. Folgende Fallgruppen sind positiv entschieden worden:
- Morddrohungen, schwere Beleidigung und sonstige Drohungen (OLG Dresden, Beschl. v. 16. 4. 2012 − 23 UF 1041/11)
- Wiederholte Gewalt gegen Ehepartner und Kinder
- Wenn ein Kind von einem anderen Partner erwartet wird
- Substanzmissbrauch und mangelnde Bereitschaft zur oder Fehlschlag einer Entziehungskur
- Wiederholter Ehebruch von gewisser Dauer und einer gewissen Intensität, insbesondere in der Ehewohnung (OLG Köln, Beschluss vom 18.09.1998 – 25 WF 162/98)
- Aufforderung zum Geschlechtsverkehr mit Dritten
- Prostitution eines Ehegatten
Nicht ausreichend nach stetiger Rechtsprechung sind hingegen ehetypische Zerwürfnisse:
- Einmalige Gewalt gegen Ehepartner und Kinder
- Mangelnde Beteiligung im Haushalt
- Emotionale Distanz oder Lieblosigkeit
- Liebesgeständnis an die beste Freundin der Ehefrau (OLG München, Beschluss vom 28. 7. 2010 – 33 WF 1104/10)
Die subjektive Unzufriedenheit ist daher noch nicht ausreichend für die Begründetheit einer Blitzscheidung.
Ob also die Voraussetzungen einer Blitzscheidung vorliegen, hängt von höchst individuellen Umständen ab und Bedarf daher immer einer Überprüfung durch eine/ einen erfahrene/n Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt.
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