Gezwungen zur Unterschrift: Meine Rechte bei einer angedrohten außerordentlichen Kündigung und dem Aufhebungsvertrag

Arbeitsrecht

Mir wurde angedroht eine außerordentliche Kündigung zu erhalten, wenn ich einen vorgeschlagenen Aufhebungsvertrag nicht unterschreibe. Diesen habe ich deswegen gleich vor Ort unterzeichnet. Kann ich dagegen vorgehen?

Eine Drucksituation aufzubauen, um den anderen Vertragspartner zu einer Unterschrift zu bewegen, ist aus rein sittlicher Wertung bereits abzulehnen. Verhandlungen sollten immer auf Augenhöhe geführt werden und nicht die Angstsituation des anderen ausnutzen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob ein solches Verhalten auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Neben der Hauptpflicht des Arbeitgebers, das vereinbarte Arbeitsentgelt zu bezahlen, besteht ebenfalls die vertragliche Nebenpflicht zum Gebot fairen Verhandelns. Das hat das BAG ausdrücklich so entscheiden:

„Das Gebot fairen Verhandelns ist eine durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründete Nebenpflicht iSd. § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB (BAG 7. Februar 2019 – 6 AZR 75/18 – Rn. 31, BAGE 165, 315)“

Der bereits erwähnte § 241 Abs. 2 BGB schützt daher auch ausdrücklich die Entscheidungsfreiheit des anderen Vertragspartners – in unserem Falle die des Arbeitnehmers (BT-Drs. 14/6040 S. 126 […]).

Wird dieses Gebot fairen Verhandelns nun bei der Drohung mit einer fristlosen Kündigung missachtet? Dazu führt das BAG wie folgt aus:

[…]Das Gebot fairen Verhandelns wird missachtet, wenn die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners in zu missbilligender Weise beeinflusst wird. […]“ (BAG, Urteil v. 24.02.2022 – 6 AZR 333/21, dort Rn. 23)

Für die Drohung mit einer fristlosen Kündigung hat sich bezüglich der „zu missbilligende Weisen“ folgende Anforderung durchgesetzt.

[…] Nur wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, die angedrohte Kündigung werde im Falle ihres Ausspruchs einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten, darf er die außerordentliche Kündigungserklärung nicht in Aussicht stellen, um damit den Arbeitnehmer zum Abschluss einer Beendigungsvereinbarung zu veranlassen. (BGH Urteil vom 15.12.2005 – 6 AZR 197/05)

Durfte der Arbeitgeber also davon ausgehen, dass die Kündigung mit hoher Wahrscheinlichkeit einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten wird, verstößt er damit gegen seine vertragliche Nebenpflicht aus § 241 II BGB. Wenn der Arbeitgeber also „blufft“ kann der Arbeitnehmer seine Erklärung wegen widerrechtlicher Drohung nach § 123 BGB anfechten. Der Aufhebungsvertrag gilt dann rückwirkend als niemals abgeschlossen.

Die Erfolgsaussichten einer Anfechtung des Aufhebungsvertrags sind stets abhängig vom individuellen Fall. Wir überprüfen gerne die Möglichkeit, ob Sie in Ihrer spezifischen Situation ein solches Recht geltend machen können. Unser Team steht Ihnen kompetent und konsequent sowohl vor Gericht als auch außergerichtlich zur Seite.

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