Mit Beginn der Corona-Pandemie standen Unternehmen plötzlich vor vielen großen Herausforderungen. Da die Folgen der Corona Pandemie für die Wirtschaft im Allgemeinen und die Unternehmen insbesondere zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar waren, mussten sich die Unternehmen auch mit den möglichen rechtlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie befassen. Gleiches Problem stellt sich jedoch auch heute, Monate später im Zusammenhang mit politischen Unruhen, Umweltkatastrophen und Embargos.
Hierbei stellte sich insbesondere die Frage, inwiefern in bestehenden Verträgen die Auswirkungen solcher unerwarteten Ereignisse und die daraus resultierende Leistungsunfähigkeit eines Lieferanten durch vertragliche Regelungen abgesichert waren bzw. wie man diese noch absichern kann, sofern noch keine vertragliche Absicherung bestand.
Bei diesen vertraglichen Regelungen handelt es sich um sogenannte „Höhere Gewalt-Klauseln“ oder sogenannte „Force-Majeure-Klauseln“.
Was versteht man unter höherer Gewalt und gibt es einen Unterschied zu Force Majeure ?
Unter höherer Gewalt („Force Majeure“) werden im internationalen Handel unvorhersehbare, unabwendbare Ereignisse verstanden, welche außerhalb der Kontrolle aller an einem Handelsgeschäft Beteiligten liegen und die unter den gegebenen Umständen mit angemessenen, zumutbaren Mitteln nicht zu vermeiden waren. Entscheidend hierbei ist, dass dieses Ereignis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in zumutbarer Weise nicht vorhersehbar war.
Der Begriff der höheren Gewalt ist in den meisten Rechtsordnungen bekannt. Allerdings ist seine Definition je nach den von der jeweiligen nationalen Gesetzgebung hierzu entwickelten Grundsätzen höchst unterschiedlich.
Während der Begriff der höheren Gewalt im deutschen Recht sehr umfassend verwendet wird, ist die höhere Gewalt im französischen Recht, die sog. „Force Majeure“, ausschließlich auf Naturereignisse beschränkt. Die „Force Majeure“ im französischen Recht ist dem Begriff der höheren Gewalt aber sehr ähnlich und wird daher auch häufig im deutschen Sprachgebrauch verwendet,
Im Englischen Recht wird die höhere Gewalt als Act of God , übersetzt die Gottestat, definiert.
Was sind Ereignisse im Rahmen der höheren Gewalt ?
Typische Ereignisse im Rahmen der höheren Gewalt sind
- physische Ereignisse wie beispielsweise
Überschwemmungen, Erdbeben, Naturkatastrophen, Sturm, Explosionen, Hurrican oder Feuer. - politische Ereignisse, wie beispielsweise
a. Kriege (erklärt oder nicht erklärt), Angriffe und Handlungen ausländischer
Feinde
b. Bürgerkriege, Revolutionen, Aufruhr und Rebellion, militärische oder
sonstige Machtergreifung, Terrorakte, Sabotage oder Piraterie,
c. Embargos und Sanktionen
d. allgemeine Arbeitsunruhen wie Boykott, Streik, Aussperrung
e. Änderungen der Gesetzeslage, behördliche Anordnungen
f. Epidemien und Pandemien (Corona, SARS-Virus)
Es ist stets im Einzelfall zu bestimmen, ob ein Fall der höheren Gewalt vorliegt.
Was sind die Rechtsfolgen höherer Gewalt?
Liegt ein Fall höherer Gewalt vor, so ist die Rechtsfolge, dass die vertraglichen Verpflichtungen in Gänze entfallen.
Dies bedeutet: Haben Sie bei einem Lieferanten Ware bestellt und dieser Lieferant ist nicht in der Lage die Ware pünktlich zu liefern und begründet dies mit höherer Gewalt, so können Sie-sofern nachweislich ein Fall der höheren Gewalt vorliegt- den Lieferanten nicht wegen verspäteter Lieferung in Anspruch nehmen.
Man spricht hier von Unmöglichkeit der Leistung. Diese bedeutet, dass der Lieferant von seiner Verpflichtung zur Lieferung der Leistung befreit wird, er wegen Verzögerung der Leistung auch nicht schadensersatzpflichtig gemacht werden kann.
Im Gegenzug kann der Lieferant aber auch keine Zahlungen hierbei beanspruchen und muss ggf. bereits geleistete Zahlungen zurückerstatten.
Es gilt insoweit der Grundsatz, dass jeder selbst für die entstandenen bzw. entstehenden Schäden aufkommen muss.
Was ist bei der Vertragsgestaltung zu beachten?
Wir empfehlen dringend in alle Verträge eine „Höhere Gewalt-Klausel“ aufzunehmen und bestehende Klauseln auf ihre Aktualität und Rechtswirksamkeit zu überprüfen. Hierbei ist es nicht nur wichtig eine Definition der höheren Gewalt in die Klausel aufzunehmen, sondern auch genau die Rechtsfolgen festzulegen.
Vertragliche Klauseln zur höheren Gewalt sollten so ausgestaltet sein, dass diejenige Partei, die sich somit mit Erfolg auf höhere Gewalt beruft, von ihrer Pflicht zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen und von jeder Schadenersatzpflicht befreit wird, sofern sie das Eintreten der höheren Gewalt mitgeteilt hat.
Denn die Befreiung von den vertraglichen Verpflichtungen kann erst von dem Zeitpunkt an wirksam werden, zu dem die Mitteilung die andere Partei erreicht hat. Die andere Partei (also der Kunde) kann dann die Erfüllung ihrer Verpflichtungen ebenfalls ab dem Zeitpunkt der Mitteilung der anderen Partei aussetzen.
Die Internationale Handelskammer (ICC) hat hierzu eine „Force Majeure-Klausel“ entworfen, die als international anerkannter Standard gilt.
Besteht Versicherungsschutz bei Vorliegen Höherer Gewalt?
Höhere Gewalt kann im Rahmen sog- Exportkreditversicherungen versichert werden.
Bei einer Exportkreditversicherung handelt es sich um eine Versicherung, die die Exportrisiken des Forderungsausfalls von Forderungen aus Warenlieferung und Dienstleistungen absichern.
Im Rahmen solcher Versicherungen kann das Forderungsausfallrisiko unter anderem auch wegen der oben genannten politischen Risken versichert werden. Ob sich der Abschluss einer solchen Exportkreditversicherung im Einzelfall rentiert, muss individuell geprüft werden.
Fazit:
Möchten Sie Ihre Verträge auf eine wirksame oder zu überarbeitende „Höhere Gewalt-Klausel“ überprüfen lassen oder möchten Sie prüfen lassen, ob ein Fall höherer Gewalt vorliegt, beraten wir Sie gerne.
Gerne erstellen wir entsprechende vertragliche Klauseln für Sie oder passen bereits bestehende Klauseln auf den aktuellen Stand an. Gerne beraten wir Sie, wie in Falle höherer Gewalt am besten vorzugehen ist.